Zirkuläre Gebäudebewertung



Was ist eine zirkuläre Gebäudebewertung?

Die zirkuläre Gebäudebewertung ist ein Bewertungsansatz, der sich auf die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) im Bausektor – das zirkuläre Bauen – konzentriert. Im Gegensatz zu traditionellen linearen Modellen, die auf dem Prinzip 'Take-Make-Dispose' basieren, fördert das zirkuläre Bauen die Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und das Recycling von Materialien und Ressourcen. Bei der zirkulären Gebäudebewertung wird ein Gebäude unter diesen Gesichtspunkten bewertet und es werden verschiedene Kriterien berücksichtigt, die zur Kreislauffähigkeit, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung beitragen.


Was ist das Ziel einer zirkulären Gebäudebewertung?

Die Bewertung eines Gebäudes hinsichtlich seiner Kreislauffähigkeit gibt Aufschluss darüber, inwieweit das Gebäude im Falle einer Umnutzung oder eines Umbaus weiter bestehen kann bzw. inwieweit die Gebäude verbauten Baustoffe und Bauteile im Falle eines Rückbaus wiederverwendet oder recycelt werden können. Bei einem hohen zirkulären Wert trägt das Gebäude zu einer hochwertigen Kreislaufwirtschaft bei und verfügt über eine gute kreislaufgerechte Ressourcennutzung. Wenn es die entsprechenden Kriterien erfüllt, könnten in Zukunft auch Förderungen für ressourcenschonendes Bauen das Vorhaben unterstützen.


In welchen Fällen kann eine zirkuläre Gebäudebewertung durchgeführt werden?

Die zirkuläre Gebäudebewertung kann sowohl in der Planungsphase eines Neubaus als auch beim Umbau oder beim Abriss eines Gebäudes angewendet werden.

So kann ein Neubau vor der Realisierung bewertet werden, um sicherzustellen, dass er nachhaltig im Sinne der Kreislaufwirtschaft konzipiert ist. Die Herkunft der Baustoffe und Bauteile sowie deren Verbindung werden bewertet, um erkennbar zu machen, wie gut das Gebäude in Zukunft wieder in den Bauteil- und Stoffkreislauf zurückzuführen ist.

Bei einem Umbauvorhaben, zum Beispiel durch die Umnutzung oder Erweiterung eines Gebäudes, können die zu verändernden Gebäudeteile zirkulär bewertet werden. Dabei wird deutlich, welche Bauteile weiterverwendet werden sollen, da ein Rückbau nicht kreislauffreundlich wäre, welche gut rückgebaut und an anderer Stelle wiederverwendet oder recycelt werden können und welche neuen Baustoffe zum Einsatz kommen können.

Beim selektiven Rückbau werden die einzelnen Bauteile auf ihre Qualität und Rezyklierbarkeit untersucht und eine sortenreine Materialtrennung durchgeführt. So wird sichergestellt, dass wertvolle Bauteile und Materialien fachgerecht wiederverwendet, recycelt oder verwertet werden und möglichst viele Stoffe in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Auch hier gilt: Je mehr Bauteile wiederverwendet werden können und nicht in den Stoffkreislauf gelangen, desto besser.


Wie wird eine zirkuläre Gebäudebewertung durchgeführt? Welche Kriterien und Ansätze stecken dahinter?

  1. Planung und Vorbereitung
  • Zielsetzung: Bestimmung der spezifischen Ziele und Anforderungen der zirkulären Bewertung, wie z.B. Ressourcenschonung, Abfallminimierung oder CO2-Reduktion.
  • Teamzusammenstellung: Ein interdisziplinäres Team aus Architekt:innen, Ingenieur:innen, Bauunternehmenden und Nachhaltigkeitsexpert:innen bilden.
  • Planungsdokumentation: Zusammenstellung der (digitalen) Planungsunterlagen (Planstände Entwurf, Bestand, BIM-Modell), Ermittlung der Mengen und Massen sowie Darstellung der Entwurfsvarianten.
  • Auswahl der Bewertungsmethoden: Gemeinsam mit Projektteam erfolgt die Auswahl unter Analyse der o.g. Zielsetzungen und Fragestellungen.
  1. Materialbewertung
  • Materialauswahl: Bewertung der verwendeten Materialien hinsichtlich ihrer Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Umweltverträglichkeit.
  • Materialinventar: Erstellung eines detaillierten Inventars aller im Gebäude verwendeten Materialien und Komponenten.
  • Lebenszyklusbewertung (LCA): Analyse der Umweltauswirkungen der Materialien über ihren gesamten Lebenszyklus, von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung.
  1. Design und Konstruktion
  • Modulares Design: Entwurf von Gebäuden mit modularen Komponenten, die leicht erweitert, demontiert und wiederverwendet werden können.
  • Flexibilität: Berücksichtigung von Entwurfsstrategien, die eine einfache Anpassung und Umnutzung des Gebäudes ermöglichen.
  • Demontierbarkeit: Entwurf von Bauweisen, die eine einfache Demontage und Trennung von Bauteilen und Materialien am Ende ihres Lebenszyklus ermöglichen.
  1. Kostenberechnung
  • Lebenszykluskosten (LCC): Betrachtung aller Kosten inkl. den Planungs- und Erstellungskosten (Investitionskosten) sowie den Nutzungskosten (Betriebskosten) sowie Kosten für Umbau und Rückbaukosten.
  • Restwertberechnung: Berücksichtigung der Rohstoffrestwerte eines Gebäudes zur Erstellung von Kreislaufangeboten (ggf. positiver Einfluss auf die Abschreibungssumme).
  1. Nutzung und Betrieb
  • Energieeffizienz: Einsatz klimapositiver bzw. energieeffizienter Systemen und Nutzung erneuerbarer Energien.
  • Wassermanagement: Einsatz wassersparender Technologien und Systeme.
  • Abfallmanagement: Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Abfallminimierung und -trennung während der Betriebsphase.
  • Auch die Entwurfsaspekte des Designs und der Konstruktion (siehe 3.) haben hier einen großen Einfluss, z.B. die Demontierbarkeit von Komponenten mit kurzer Lebensdauer wie Bodenbelägen
  1. Rückbau und Wiederverwendung
  • Selektive Rückbauplanung: Erstellung eines Rückbauplans, der die Wiederverwendung und das Recycling von Bauteilen und Materialien maximiert.
  • Wiederverwendungspotenzial: Ermittlung von Möglichkeiten, Materialien und Komponenten am Ende ihrer Lebensdauer zu recyceln oder wiederzuverwenden.
  1. Dokumentation und Berichterstattung
  • Berichte und Zertifikate: Erstellung detaillierter Berichte und Zertifikate, die die zirkulären Eigenschaften und Bewertungen des Gebäudes dokumentieren.
  • Transparenz: Sicherstellung, dass alle relevanten Informationen transparent und nachvollziehbar sind.

 


Ansprechpartnerin


Lisa Pusch
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

TH OWL

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